Fluch oder Segen?

Puls, gegangene Schritte, Schlafverhalten: Solche Daten lassen sich auf Smartphone und Fitnessarmband erfassen.

Das Angebot an gesundheits-bezogenen Apps ist mittlerweile unüberschaubar. Und die technischen Neuerungen

nehmen ständig zu.

 

Zugegeben, man runzelt als Arzt schon mal die Stirn, wenn ein Patient in der Sprechstunde Daten, Fotos oder gar Diagnosen aus dem Handy präsentiert. Noch passiert das nicht so oft, aber es ist ein Trend, der schon in naher Zukunft sehr zunehmen wird, und das nicht nur bei jungen Menschen.

Was ist davon zu halten? 

So einfach ist die Antwort darauf nicht, denn das Angebot an gesundheitsbezogenen Apps für Smartphones ist schier unüberschaubar. Bereits 2014 gab es ungefähr 100 000 entsprechende Apps. Leider ist die Qualität dieser kleinen Computer-Programme sehr unterschiedlich und es gibt nur punktuell aussagekräftige wissenschaftliche Untersuchungen zu deren Zuverlässigkeit.

Grundsätzlich sind gute Apps für Patienten und Ärzte bei richtiger Anwendung ein nützliches Instrument. Ja, auch für Ärzte gibt es eine Reihe an hilf­reichen Apps, die bei Diagnostik und Therapie von diversen Erkrankungen unterstützen. 

Für die Anwender sieht man die Chancen von Gesundheits-Apps z.B. in der frühzeitigen Erkennung von gesundheitlichen Risiken oder als Therapiebegleiter z. B. bei Bluthochdruck oder Diabetes. Auch können Apps Unterstützung bie­ten für eine gesundheitsfördernde Lebensweise – bei Rauchentwöhnung, Gewichtsreduktion, Motivation zu mehr Bewegung, um nur einige Beispiele zu nennen.

Kritiker der Apps sehen den möglichen Missbrauch von sensiblen personenbezogenen Daten. Die Anwendungen müssen natürlich Daten erfassen und verarbeiten, um ihre Funktion erfüllen zu können. Leider ist bei vielen Apps nicht klar gekennzeichnet, wo welche Daten gespeichert werden und was dort mit ihnen passiert bzw. wer darauf Zugriff hat. Hier ist nicht zuletzt jeder Nutzer gefragt, ebenso wie bei anderen Anwendungen im Internet, mit seinen Da­ten sorgsam umzugehen und soweit wie möglich Kontrolle darüber zu behalten.

Zunehmend kommen auch sogenannte „wearables“ zum Einsatz. Darunter versteht man tragbare Computersysteme z.B. in Form von Uhren („Smartwatches“), speziellen Brillen oder auch in Kleidung eingenähte Systeme.

Bereits recht weit verbreitet sind Fitness-Uhren, die Schritte zählen, nach Ruhephasen zu Bewegung animieren und in Verbindung mit einer Smartphone-App zahlreiche Funktionen bieten, z. B. für Sport, gesunde Ernährung oder zur Begleitung bei Gewichtsreduktion.

Die technischen Möglichkeiten nehmen ständig zu. Neuerdings kann man sogar auch ein einfaches EKG erfassen. Dazu wurde die schon länger auf dem Markt befindliche Apple-Watch mit zusätzlichen Sensoren versehen und ein Programm zur Auswertung auf dem iPhone entwickelt.

Über die Universität in Stanford in den  USA wurde eine Studie mit fast 500 000 Teilnehmern durchgeführt. Die Frage war, ob man mit dieser Technik einen Beitrag zur Früherkennung einer häufigen Herzrhythmusstörung (Vorhofflimmern) leisten kann. Dies wurde grundsätzlich auch bestätigt, wenn auch die Zuverlässigkeit der Methode noch zu wünschen übrig lässt. Immerhin wurde daraus die Empfehlung abgeleitet, ein von der App angezeigtes Vorhofflimmern dann auch medizinisch abklären zu lassen.

Eine weitere interessante Anwendung ist die Messung des Blutdruckes mit dem Smartphone. Dazu wird ein Finger mit wechselndem Druck auf einen Sensor gepresst. Leider ist diese Methode aber noch zu ungenau, als daß sie schon für eine breitere Nutzung in Frage käme.

Was werden wir wohl in Zukunft erwarten können? Sicher wird die Zuverlässigkeit der schon erhältlichen System verbessert werden, weitere kommen dazu, um noch mehr Parameter erfassen zu können. Zudem werden Apps auch als Gesundheitsakte zur Speicherung der eigenen Daten entwickelt, um diese jederzeit parat zu haben. Insgesamt bietet die Kommunikation zwischen den verschiedenen Stellen im Gesundheitssystem ein großes Potenzial für künftige Apps. Auch für die weitere Entwicklung der Telemedizin, also Diagnostik und/oder Therapie ohne direkten persönlichen Kontakt, werden Apps unentbehrlich sein. Wir dürfen also gespannt sein, welche Möglichkeiten sich noch eröffnen werden.

Doch die Frage nach dem Umgang mit den dann massenhaft entstehenden Daten bleibt ebenso interessant und stellt möglicherweise die größte Herausforderung dar.