In einer nur noch nach ökonomischen Gesetzten funktionierenden Gesellschaft, in der Rationalisierung einen sehr hohen Stellenwert genießt, und die Manager die einzigen sein wollen, die wissen, wie man eine Volkswirtschaft retten kann, ist der Tag gekennzeichnet durch Stress, Hektik, Angst um den Arbeitsplatz, Versagensangst und Kampf um Anerkennung.
In strukturschwachen Gegenden mit hohen Arbeitslosenzahlen wie in Sachsen-Anhalt stößt der Mensch sehr viel schneller an die Grenzen seiner psychischen Belastbarkeit. Typische Zeichen dafür sind der sogenannte Tunnelblick, alles nur noch auf das Durchhalten auf Arbeit fixiert, darüber hinaus mehr und mehr zunehmende Interessenlosigkeit. Man funktioniert nur noch.
Zusätzlich wird die Situation noch verschärft, wenn sich eine dauerhafte Schlafstörung einstellt. Man ist total erschöpft, hofft auf etwas Erholung, und grübelt doch die ganze Nacht. Der Alltag lässt einen nicht los.
Als weitere Symptome treten Antriebsmangel und Konzentrationsschwäche auf. Die Angst, Fehler zu machen, führt zu Minderwertigkeitsgefühlen, unbeherrschbaren Gefühlsausbrüchen, wie Weinen ohne Grund. Das Aufstehen am Morgen wird wie eine überdimensionale Last empfunden. Wie übersteht man diesen grässlich langen Tag?
All diese Symptome ziehen einen immer tiefer nach unten und letztendlich zu einem Gefühl der Ausweglosigkeit und des schwindenden Lebenssinns.
Menschen, die über längere Zeit Veränderungen ihrer Gefühlswelt beobachten, sollten nicht warten, sondern ihren Hausarzt kontaktieren. Sehr häufig ergibt das vertraute Gespräch unter vier Augen schon Lösungsansätze.
Manchmal werden aber zur Unterstützung auch Medikamente notwendig. Diese Medikamentengruppe der Antidepressiva ist dadurch gekennzeichnet, dass die Wirkung erst frühestens nach einer Woche auftritt, und es sich um eine symptomunterdrückende Therapie handelt, mit der Gefahr des Rückfalls bei zu frühem Absetzen.
Die medikamentöse Therapie allein ist nicht erfolgversprechend. Schwelende Konflikte müssen beseitigt werden. Beziehungskonflikte, Konflikte mit dem Arbeitgeber, finanzielle Probleme und soziale Isolation müssen behoben werden. Oft kann Psychotherapie den Weg aus der Depression bahnen. In schweren Fällen kann es nötig werden, fachärztliche Hilfe, sowohl ambulant, als auch stationär, in Anspruch zu nehmen.
Angehörige sind sehr oft die ersten, denen eine depressive Entgleisung auffällt, und deshalb entscheidend wichtig, die Depressiven von einer fruchtbringenden Therapie zu überzeugen.
Nach entsprechender Lebensumstellung und psychischer Stabilisierung kann sehr häufig die Medikation nach sechs bis neun Monaten abgesetzt werden. Abhängigkeit oder Entzugssymptomatik treten nicht auf. Die Heilungsaussichten sind hoch, aber Rückfälle kann man nie ausschließen, besonders, wenn sich die Lebensumstände wieder negativ entwickeln.
DM Stefan Andrusch